Veranstaltung: | 46. Landesparteitag von BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN Sachsen-Anhalt |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Michael Pratsch |
Eingereicht: | 09.06.2022, 08:54 |
Mobilfunk krisenfest machen - Auch bei Großschadensereignissen
Beschlusstext
Mobilfunk krisenfest machen - Auch bei Großschadensereignissen
In Zukunft wird es aufgrund der Klimakrise mit höherer Wahrscheinlichkeit auch
zu lokalen und regionalen Extremwetterereignissen kommen. Diese gefährden auch
die lokale Mobilfunkabdeckung und damit die Fähigkeit der Behörden und der
örtlichen Bevölkerung auf Großschadensereignisse zu reagieren. Bündnis 90/Die
Grünen Sachsen-Anhalt fordern die Landesregierung auf, die Resilienz der
aktuellen Mobilfunk-Infrastruktur zu stärken, deren Funktionsfähigkeit für den
Katastrophenfall zu analysieren und ggf. Maßnahmen zu ergreifen, um diese
sicherzustellen.
Dabei ist insbesondere der Fokus auf:
- physikalische Standsicherheit,
- Funktionsfähigkeit bei Ausfall des umliegenden Stromnetzes,
- Redundanz der Datenübertragung,
- Roaming, Frequenzbandbündelung und Priorisierung von Notrufen,
- Flächendeckung von Funkmasten mit den oben genannten Punkten
zu setzen.
Wir fordern die Landesregierung zudem auf, die neu geschaffene Möglichkeit des
Cell Broadcasting in Sachsen-Anhalt unverzüglich zur Nutzung zu testen und den
Anschluss an die Leitstellen zu ermöglichen. Durch Cell Broadcasting wird es den
Behörden ermöglicht, allen Handynutzer*innen, die sich gerade in einem
bestimmten Gebiet aufhalten, eine Warnung per SMS zu schicken.
Eine weiter Säule ist die Priorisierung von Hilfsdiensten und Krisenstäben für
einen bevorzugten Zugang zu den Mobilfunknetzen im Schadensfall. Dies sollte
auch in Sachsen-Anhalt festgelegt werden, damit im Katastrophenfall die
Verständigung per Mobilfunk für Einsatzkräfte in jedem Fall ermöglicht wird.
Dies ist ein Katastropenkonzept des Landes zu implementieren.
Schlussendlich sollte eine präventive Abstimmung der Landes- sowie der
Kreisebene mit den Krisensystemen der Telekommunikations-Anbieter, wie bspw. dem
Disaster Recovery Team der Telekom erfolgen.
Die Katastrophenkommunikation in der digitalen Welt muss neu gedacht werden. Die
digitale Dimension muss in Übungen abgebildet werden. Erdbeben, Überschwemmungen
oder andere Katastrophen können Szenarien sein, die Einsatzkräften auch als
„Modules Table Top Exercises“ also digitale Übung bzw. Szenario zur Verfügung
gestellt werden.
Begründung
Begründung:
Die Menge an, teils auch lokal begrenzten, Extremwetterereignissen wird zunehmen. Schon jetzt erleben wir ein vermehrtes Auftreten. Die Tornados in Paderborn (Mai 2022) oder die Starkregenfälle im Ahrtal (August 2021) sind nur die letzten Beispiele. Die Mobilfunk-Infrastruktur ist aufgrund ihrer exponierten Bauweise für Extremwetter besonders anfällig. Dabei ist ein Funkmast nicht nur als punktuelles Bauwerk zu betrachten. Seine Funktionsfähigkeit hängt von der lokalen Stromversorgung und den zuführenden Datenleitungswegen, ab die sich kilometerweit durchs Land ziehen und auch beschädigt werden können. Zugleich ist der zivile Mobilfunk ein wichtiges Instrument der Kommunikation und der Notfallalarmierung. Wir sollten einen erheblichen Fokus darauf legen, seine grundlegende Funktionsfähigkeit auch beim Eintreten einer Großschadenslage in der Fläche zu bewahren.
Die Funktionsfähigkeit eines Mobilfunkmastes und die Nutzbarkeit wird aber auch durch die Datenlast an den Antennen bestimmt. Wenn durch ein Großschadensereignis in sehr kurzer Zeit viele Funkzellen ausfallen, kommt es zu einer Konzentration aller Endgeräte in den wenigen verbleibenden Funkzellen. Hier muss eine Priorisierung stattfinden. Dafür kann es notwendig sein, dass gezielt Teilnehmer ausgeschlossen werden. (Smart Objects). Des Weiteren sollte man in einem solchen Fall prüfen, ob eine Priorisierung von Daten vorgenommen werden sollte. Vor allem datenintensive Anwendungen wie Livestreams oder Videos können hier zurückgestellt werden.
Bei den Starkregenereignissen in NRW und RLP im Sommer 2022 ist das Mobilfunknetz in den stark betroffenen Gebieten komplett zusammengebrochen. Hier funktionierten weder Mobilfunk noch andere Mobilfunkanwendungen. Nicht nur konnten Menschen hier nicht um Hilfe rufen oder ihre Angehörigen informieren, auch behinderte das Fehlen von Mobilfunk im Nachgang die Rettungsarbeiten.
Folgt man den aktuellen Auswertungen des Informationszentrums Mobilfunk e.V. (IZMF) in Berlin, so war der Mobilfunk ein wichtiger Helfer im Kampf gegen das "Jahrhundert–Hochwasser" in Deutschland. Hilfsdienste und Krisenstäbe erhielten einen bevorzugten Zugang zu den Mobilfunknetzen. Die Einsatzkräfte vor Ort waren ständig erreichbar und konnten den Kontakt zu ihren Einsatzzentralen aufrechterhalten. (Siehe: https://katastrophenmanagement.info/Mobilfunktechnologien-im-Katastropheneinsatz.372.0.html